5 Fragen an... | Kurzinterview mit Jens Clausen. 17.01.2018

Jens Clausen ist einer unserer beiden Spielwarte in Verl. In unserer Bestenliste mit den meisten Teilnahmen steht Jens aktuell auf Platz 13 mit 62 Teilnahmen. Er gewann bisher ein Monatsevent und ihm gelang es jüngst mit seinem Team „Leg Herrn Zwiebel rein“ den Team Cup 2018 zu gewinnen. Nun hat er sich unseren Fragen gestellt.

Fünf Fragen an… Jens C.!


PRV Frage 1
Jens, Du bist nicht nur ein Gründungsmitglied unseres Vereins, sondern warst auch schon beim allerersten Monatsevent in der Saison I / 2009 mit am Start. Erzähl uns doch mal, wie Du damals mit dem Pokersport in Kontakt bekommen bist.

Jens C.
Das Pokerspielen kannte ich zunächst aus dem Fernsehen, damals noch als Kind, dabei sind mir die Serie Bret Maverick Anfang der Achtziger mit James Garner und später der Nachfolger mit Mel Gibson und Jodie Foster in Erinnerung geblieben. Prägend waren aber die Filme mit Spencer/Hill, in denen so richtig gezockt und geschummelt wurde (z.B. Vier Fäuste für ein Halleluja).

Diese als Vorbild habe ich mit meinem Bruder und meinen Cousins auf den familiären Feierlichkeiten nachgespielt. 5-Card-Draw also. Einsatz waren entweder Erdnüsse, Smarties oder Streichhölzer. Am Ende stand – zumindest bei den essbaren Einsätzen - stets broke zu sein… Gegen meinen 3 Jahre älteren Cousin habe ich zudem meist verloren.

Mit dieser Erinnerung stieß ich 2004/2005 auf DSF (heute Sport1) auf eine Pokersendung. Das Format Texas Holdem war neu für mich, aber die Grundzüge erkannte ich natürlich wieder. Das Phänomen Chris Moneymaker wurde damals ziemlich gehypted und ich dachte: das kannst du bestimmt auch ;-)




Meine Mutter schenkte mir dann zu Weihnachten einen Pokerkoffer mit Chips und ich begann im Bekanntenkreis zu spielen. Ich kaufte mir meine ersten Pokerbücher von Jan Meinert und begann mich mit der Pokertheorie zu beschäftigen. Während der engen Zusammenarbeit mit der AZ direkt erzählte ich von meinem neuen Hobby und über Jens Weyland kam ich dann zu der Gelegenheit das erste Mal in Verl mitzuspielen. Das war am 16.11.2007. Die ersten Turniere spielte ich noch im Lindenkrug und bei Menning in der Gaststätte.


PRV Frage 2
Aufgrund Deiner langjährigen Erfahrung als Spielwart und Teilnehmer an unseren Tischen würde uns Deine Einschätzung interessieren, wie Du über die Entwicklung des Spiels im Allgemeinen und speziell an unseren Tischen so denkst. Ich kann mich schon fast gar nicht mehr zurück erinnern, wie unsere Abende damals so verlaufen sind. Wie blickst Du auf unsere Anfänge zurück?

Jens C.
Das Spiel Ende der 90er und Anfang der 2000-er war sicherlich deutlich einfacher zu schlagen. Viele Spieler spielten mit hoher Varianz ungeachtet der mathematisch korrekten Spielweise. Während meiner ersten Casino-Erfahrung durfte ich erleben, dass jeder Straight Draw gespielt wurde und wenn jemand Preflop Q3s bekam, wurde das gespielt als ob der Flush so gut wie sicher ankommen würde. Auch in Verl gab es mit Habib einen solchen Kandidaten: Er spielte anfangs regelmäßig mit und es gelang ihm sogar einmal zwei Turniere in Folge zu gewinnen. Er spielte alle möglichen Hände, auch gegen Re-Raises. Wenn er dann gut traf, wurde er (wie öfter mal von mir) gut ausbezahlt.




Mit der Zeit entwickelten sich die meisten Spieler weiter; mit wachsender Erfahrung lernten die Spieler den Ausstieg mit der zweitbesten Hand zu finden. So lief es meiner Meinung nach auch allgemein im Poker: die Spieler wurden im Schnitt immer besser, Vorteile herauszuholen wurde immer schwieriger. Diejenigen, die nicht lernten, d.h. ihr Spiel nicht oder nur wenig weiterentwickelten, fielen zurück. Ich habe mir damals die Bücher von Dan Harrington intensivst durchgelesen. Das Konzept der Aggressivität gewann an Bedeutung. Wurden früher Re-Raises nur mit AA oder KK gespielt, so wurden in Turnieren plötzlich 4-Bets mit z.B. JTs gewagt. Das war für mich mit meiner damaligen Strategie „Tight is right“ schwer nachvollziehbar. Das Denken in Ranges wurde wichtiges Handwerkszeug. Spieler mit viel Erfahrung - wie mittlerweile auch etliche in Verl - haben oft einen guten Instinkt für die Ranges ihrer Gegner entwickelt, auch wenn sie sich diese nicht immer bewusst plastisch vor Augen führen dürften.

Ich halte das Spiel-Niveau in unserem Verein für deutlich überdurchschnittlich gut. Sicher spielt auch eine Rolle, dass sich Vereinsmitglieder mit ihrer Spielweise sehr gut kennen. Aber dennoch sind z.B. Ritchi‘s Sieg vor 2 Jahren und unser Abschneiden dieses Jahr in Berlin, als wir bei einem Starterfeld von etwa 112 Spielern 15% der Entries, aber 33% der Spieler des Final-Tables stellten, eindrucksvolle Belege für die Spielstärke im Verein. Nicht zu vergessen das Abschneiden der bisweilen bei uns mal vorbeischauenden Pokerprominenz, den schönen Erfolgen von Michael in den Casinos oder auch die Platzierungen von Spielern der PRV-Homegame-Runde auf PS z.B. bei Potti‘s Live-Streams begleitenden Pokerturnieren.


PRV Frage 3
Dein Interesse an unserem Lieblingskartenspiel erkennt man auch an deinem fundierten theoretischen Fachwissen oder auch daran, dass Du gerne bei unseren Sonderevents teilnimmst oder auch beim Charity-Turnier in Lennestadt wieder mit am Start sein wirst. Obwohl Du es leider nicht ganz regelmäßig zu unseren Monatsturnieren schaffst, tauchst Du dennoch in der Jahreswertung regelmäßig im vorderen Viertel auf. Wann können wir denn mal mit einem echten Angriff auf die Jahreswertung rechnen? ;-)

Jens C.
Spätestens wenn die Kinder aus dem Haus sind… Die Familie ist mir immer noch das Wichtigste. Da fallen schon ein paar Mal „normale“ Monatsevents weg, weil ich entsprechende Prioritäten setze. Bei Sonderevents und Highlights unterstützt mich meine Frau dafür umso intensiver, damit ich an diesen teilnehmen kann, weil diese etwas Besonderes sind. Ich werde in 2018 sehr ernsthaft eine Platzierung auf dem Podium anstreben, zur Not eben auch mit nur 9 Teilnahmen im Jahr…




PRV Frage 4
Viele unserer Mitglieder träumen davon, bzw. arbeiten daran, Mal an einem ganz großen Event, wie der European Poker Tour, teilzunehmen. Wie sieht es bei Dir aus, hegst Du ähnliche Gedanken und welches Turnierformat wäre dann das Richtige für Dich?

Jens C.
Ich würde sehr gerne mal ein großes Event spielen. Allerdings habe ich schon immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich mal die B.O. Sunday für 110 € spiele. Es fällt mir echt schwer vorzustellen einen mittleren 3-stelligen, 4-stelligen oder gar 5-stelligen Betrag als Buy-In hinzulegen. Das Geld muss ich „echt über“ haben. Denkbar wäre das, wenn ich irgendwann mal einen größeren Gewinn einfahre und ich das Buy-In vollständig nur aus meiner Bankroll nehmen kann. Und ich darf es nicht dringend und sinnvoll anderweitig benötigen. Außerdem habe ich aktuell zwei Satellite-Tickets für Sotchi gewonnen, über die ich mich evtl. über PS qualifizieren kann.

Ich spiele gerne Texas Holdem NL an 9er- oder 10-er-Tischen. Mittlerweile fühle ich mich aber auch bei 6-Max wohl. In letzter Zeit konnte ich einige gute Erfolge im Pot Limit Omaha erzielen. Da läuft es einfach gerade, wenngleich ich dazu noch keine Literatur gewälzt habe.




PRV Frage 5
Na klar, auch an Dich die konkrete Frage, wen Du denn in Verl gerne mit an Deinem Tisch haben möchtest. Wessen Aktionen durchschaust Du und wem gehst Du auch gerne mal aus dem Weg, weil Du Dir nicht sicher bist, wo Du in einer aktuellen Hand stehst?

Jens C.
Ich kann ehrlich behaupten, dass ich mit allen Spielern gerne am Tisch sitze solange sie nüchtern und berechenbar sind ;-) . Pokertechnisch habe ich mich schon vor Jahren dabei ertappt, dass ich gehofft hatte einen leichten Tisch zu bekommen - und dann die Erkenntnis gehabt, dass es bei den Pocket Rockets einfach keine leichten Tische mehr gibt! Unvergessen ist mir die Vereinsmeisterschaft 2017 unter freiem Himmel, da hatte ich an dem Tag einfach null Probleme Thilo zu lesen und ihn mit Unterstützung passender Karten zur Verzweiflung gebracht. An anderen Tagen wiederum bin ich gegen ihn ausgeschieden oder habe einen großen Teil meiner Chips an ihn verloren, weil ich ihn völlig falsch eingeschätzt hatte.

Wie gut ich meine Gegner durchschaue ist also durchaus tagesformabhängig.

Unangenehm, weil besonders schwierig und herausfordernd empfinde ich es, wenn ich direkt links von mir Spieler sitzen habe, die mich spieltechnisch wirklich sehr gut kennen, namentlich Burkhard und natürlich Carsten. Gegen euch beide muss ich stets höchstkonzentriert spielen um mich Out of Position nicht ausmanövrieren zu lassen.


PRV
Vielen Dank Jens, dass Du unser kleines Frage- und Antwortspiel mitgemacht hast. Wir wünschen Dir einen erfolgreichen Einstand in unser bevorstehendes erstes Monatsturnier und für die ganze Saison viel Spaß und Erfolg!


Kurzinfo zu Jens Clausen
Spielwart und Mitglied der PRV

Alter: 44
Wohnort: Leopoldshöhe
Beruf: IT-Leiter
Familienstand: verheiratet, 3 Kinder
Pokerspieler seit: meiner Kindheit, Texas Holdem NL seit etwa 2005


Das Interview führte Burkhard Frankenfeld